Monatsgedanken Dezember 2023

Weihnachtsinseln 2312 Fotor

 

 

Meine Augen haben deinen Heiland gesehen,
das Heil, das du bereitet hast
vor allen Völkern

Lukas 2,30 f.

 
Kennen Sie die Reisebibel? Viele Menschen benutzen sie gerne!
Nein, sie ist nicht eine Ausgabe für Fromme und etwa eine besondere Bibel für Christen auf Reisen. Es ist ein inzwischen millionenfach verkauftes Buch mit dem Titel "1000 Places to See Before You Die"; also mal locker im Sinnhorizont übersetzt >1000 Plätze die Sie gesehen haben sollten, bevor Sie sterben<. Vielleicht kennen Sie das Buch ja schon und haben den Tipp befolgt, einmal Weihnachten auf den Weihnachtsinseln zu verbringen, die von Australien verwaltet werden.
Die amerikanische Autorin Patricia Schultz bereiste nicht nur solche exotischen Ziele. Ihre Reiseeindrücke und Empfehlungen verschriftlichte sie und brachte ihr Buch 2003 erstmals auf den Markt. Bis heute wird es immer wieder neu aufgelegt, natürlich aktualisiert und erweitert in inzwischen biblischem Umfang, denn der Autorin ist eine Menge Lebenszeit zugemessen worden. Sie hat ihren 80. Geburtstag (*1941) längst hinter sich und eine Vielfalt von „Plätzen“ auf dieser Welt gesehen.
Nun ist sie etwa in dem Alter wie jener Mensch mit Namen Simeon, um den es sich im Monatsspruch aus dem Lukas Evangelium dreht. Aber seine Lebenszeit war keine Reisezeit. Nur wenige Menschen kamen vor rund 2000 Jahren über die Grenzen ihres Landes hinaus, schon gar nicht, um etwa einfach Urlaub zu machen. Der betagte Simeon hatte einen ganz anderen und sehr speziellen Wunsch für seine Lebensreise. Lukas erzählt, dass es der größte Wunsch des in Jerusalem lebenden alten Mannes war, vor seinem Tod den sog. „Trost Israels“ (Lk 2,25) zu sehen, jenen „Christus des Herrn“ also den von Gott bestimmten Messias.
Warten auf diesen Erlöser ist bis heute ein wichtiges Thema für gläubige Juden, die man nicht einfach mit Israelis gleichsetzen kann. Aber auch die nähere Beschreibung der Gruppe der „gläubigen Juden“ ist gar nicht so einfach. Unterschiedliche jüdische Strömungen aus sehr verschiedenen Traditionen haben bis heute oft recht weit auseinanderliegende Ansichten. Im Überblick gilt es dazu, drei größere jüdische „Konfessionen“ zu unterscheiden, wie sie schon zur Zeit des Simeon und auch davor auf den Plan traten. Die „Partei“ der Pharisäer waren überzeugt, dass der Erlöser, der Gesalbte Gottes seine Ankunft davon abhängig macht, ob die Gesetze der Thora und damit viele religiöse Vorschriften eingehalten werden. Irdische Katastrophen die die jüdische Gemeinde seit jeher heimsuchten stehen in dieser Sicht im Zusammenhang mit Unglauben und Verstößen gegen religiöse Gesetze. Demgegenüber waren Sadduzäer in ihrer Glaubensrichtung davon überzeugt, dass Gott einst in der Schöpfung den Impuls für den Planeten Erde und seinen Menschen gegeben hat und dann nahmen die Entwicklungen ihren Lauf. Aber was geschah und geschieht kann man letztlich nicht wissen oder logisch begründen. So etwa auch nicht, ob es eine Auferstehung von den Toten geben jemals geben wird. Dagegen war die jüdische Gruppe der Essener, die zur Zeit Jesu recht stark war, davon überzeugt mehr zu wissen über die Zusammenhänge von Himmel und Erde. Diese Gruppe lebte nicht in der gleichnamigen Stadt im Ruhrgebiet, sondern in Qumran, unweit des Toten Meeres. Der Name Essener ist evtl. abgeleitet vom griechischen Wort „Essenoi“=Fromme, Heilige) Für sie gehörte das Warten auf den Messias, den Erlöser Israels zu den religiösen Grundüberzeugungen.
Weihnachtsmarkt 2312 FotorGenau davon war auch Simeon überzeugt, den wir aus der Fortsetzung der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium kennen. Simeon wurde versprochen, dass er erst sterben sollte, wenn er den Messias gesehen hätte. Darauf wartete er allerdings sehr lange bis er dann in hohem Alter dem kleinen Jesus auf den Armen von Maria begegnete. Sogleich rief er nach biblischem Bericht aus: „(…) meine Augen haben dein Heil gesehen“ (Luk 2,30) also „den Heiland, der Israel erlösen würde und mit ihm alle Völker! Genau das ist die seit Jahrhunderten verbreitete Weihnachtsbotschaft, die allerdings auch in diesem Jahr wohl eher eine Randerscheinung bleiben wird zwischen dem leise tropfenden Schnee und dem fließenden Weihnachtsmarktglühwein. Weihnachten ist über allem geschäftlichen und auch christlichen Klamauk eine immer neue Anfrage, wer der „holde Knabe im lockigen Haar“ (Kirchenlied) für mich persönlich ist. Die Antwort der Sadduzäer und ihrer heutigen Gedankenverwandten reicht als christliche Antwort nicht aus. Es ist aber wohl nicht unwichtig, ja geradezu lebenswichtig die Antwort zu finden before you die. Ein Besuch des Essener oder eines anderen Weihnachtsmarktes alle Jahre wieder wird vermutlich dazu nicht beitragen. Aber mit einem Gebet in stiller Winternacht könnte die Suche nach dem Heiland ganz persönlich beginnen, die zu einer Antwort führen könnte,
vielleicht schon
im Dezember Anno Domini 2023
© D.E.