Monatsgedanken März 2018

Jesus Christus spricht: Es ist vollbracht!
Johannes 19,30

Drei Worte, die Weltgeschichte schrieben – und ein Bild, das noch immer Skandalon ist – etwas, das bei vielen Menschen Anstoß erregt. Aber es weist auf den Kern der christlichen Religion hin und macht sie in ihrer Botschaft unverwechselbar und auch unbegreiflich im Sinne menschlicher Logik. Wer kann denn wirklich verstehen, dass jemand als Gesandter Gottes und gar als Sohn Gottes dieses Ende fand? Für die Juden seinerzeit war er ein Betrüger, jemand der sich anmaßte, der Messias Gottes, der Erlöser zu sein. Und Jahrhunderte

später zollt Mohammed ihm Anerkennung als einem Propheten Gottes. Aber der Sinn des Kreuzestodes blieb dem Islam bis heute verborgen. In diesem Denken konnte ein Mann Gottes nicht so elend zu Tode kommen. Daher liest man im Koran in Sure 4, Vers 157: >>Und weil sie sprachen: „Siehe, wir haben den Messias Jesus, den Sohn der Maria, den Gesandten Allahs, ermordet“ – doch ermordeten sie ihn nicht und kreuzigten ihn nicht, sondern einen ihm ähnlichen….<< Diese Aussage ist leicht zu verstehen, denn ein so wichtiger Mann Gottes darf eben nicht SO sterben. Der Maler Matthias Grünewald, dem wir dieses Bild (s.o) verdanken, das zum Gesamtkunstwerk des Isenheimer Altars im Elsass gehört, zeigt keinen Sieger. Er ist nicht dargestellt wie etwa der historische Buddha, der auf seinem Totenbett von glücklichen Jüngern umgeben ist und der in seinen Gesichtszügen erkennen lässt: ICH hab’s geschafft! Den Menschen unter dem Kreuz, die zu der erbärmlichen Gestalt des Gekreuzigten aufblicken, ist nicht zum Feiern zumute. Sie blicken in das letzte Dunkel dieser Welt, das der Planet Erde für alle Menschen bereithält. Auf jedem Friedhof kann man ähnliche Szenen erleben: die Endgültigkeit und Brutalität des Endes eines menschlichen Lebens wird sichtbar. Entsetzen und Hoffnungslosigkeit prägen nur zu oft die inneren Gefühle, begleitet mit dem sicheren Wissen, einmal selbst an dieser Stelle zu sein. Die Sinnlosigkeit des persönlichen Daseins scheint sich hier zu bestätigen. Und es wird noch unverständlicher. Der Gehenkte wird mit seinem Kreuz zum Symbol einer Weltreligion! Aber genau hierin liegt das Unverwechselbare des Christentums! Wer meint, die drei großen Weltreligionen (Islam, Judentum und Christentum) zu vereinheitlichen oder gar auf eine Erkenntnisstufe zu stellen, der hat den fundamentalen Unterschied der dazugehörigen Gottesbilder nicht erfasst! Denn der Tod des Jesus von Nazareth weist auf einen ganz anderen Gott hin, der einen ganz anderen Plan mit den Menschen durchführt. Die vier letzten Worte, die das Johannes-Evangelium von Jesus am Kreuz überliefert, zeigen das deutlich. Man neigt schnell dazu zu überlesen, was da eigentlich gesagt wird. Nicht: ICH hab’s geschafft! – so als schlösse hier stolz jemand seine Leistung ab: Schaut her, was ICH erreicht habe. Der Schweizer Theologe Walter Lüthi macht genau hierauf aufmerksam. Jesus ruft: ES ist vollbracht! Aber ES ist andererseits auch noch nicht vollENDET! Das ES ist der Heilsplan Gottes, der schließlich den Jesus von Nazareth in der Auferstehung zum Christus werden lässt, zu DEM Erlöser der Menschheit – und eben nicht zum Selbsterlöser, vielleicht sogar als Vorbild für seine Jünger. Jesus ging durch genau jene Nacht und durch eben jenes Leiden, dass jeden irdischen Tod

prägt und wozu Matthias Grünewald viel schwarze Farbe brauchte. Und eben im Wartezimmer des Todes hatte der mächtige Isenheimer-Altar seinen Platz. Dort im Antoniterkloster kümmerte man sich seinerzeit um die dem Tode geweihten Pestkranken. Sie wussten wie kein anderer, was es heißt, verlassen zu sein und langsam aber sicher auf den Tod zuzusteuern. Am Aufnahmetag im Kloster wurden sie zuerst vor den Altar gebracht, vor das Angesicht des Gekreuzigten. Dort auf der rechten Seite des Bildes konnte der Blick nicht an Johannes dem Täufer vorbeigehen. Mit überlang gemaltem Finger weist er auf das Kreuz. Johannes der Täufer war zur Zeit der Kreuzigung Jesu längst selber tot. So ist Grünewalds Bild also kein Fotoersatz, sondern selbst eine Predigt über das Leid. „Alles Leben ist Leid“, so hatte schon 500 Jahre vor Jesus Gautama Siddhartha, den man später den Buddha, den Erleuchteten, nannte. Und wer wollte ihm widersprechen? Aber Johannes weist mit seinem Finger auf Jesus mit den unausgesprochen Worten: „Seht her, Jesus geht es genauso wie Euch! Aber Gott wird ihn wie Euch aus dem Tode holen!“ Jesus hat seinen Auftrag bis zum Kreuz erfüllt, aber erst Gott wird ihn vollenden. „Ihr müsst euch nicht selbst erlösen, sondern mit dem Gekreuzigten werdet ihr erlöst! Dazu müsst ihr nichts tun, - nur dies im Glauben annehmen.“ Diese Botschaft der gnädigen Erlösung verkündigt der Isenheimer Altar mit allen seinen Seitenflügeln. (Es lohnt sich dazu mit Dr. Jörg Sieger den ganzen Altar zu betrachten: http://www.joerg-sieger.de/isenheim/menue/frame08.htm) So wird schließlich das Kreuz zum Siegeszeichen der Christen. Die drei Worte „ES IST VOLLBRACHT“ beenden mit der Vollendung in der Auferstehung die Passionszeit im März anno Domini 2018!